Statement zur Rede von Lucia Fronza Crepaz
Insofern sind mir zahlreiche Ansatzpunkte der Geschwisterlichkeit als politischer Kategorie nicht nur bekannt, sondern prägen auch mein ganz persönliches Verständnis von Politik. Dies in Anlehnung an die französische Revolution "Geschwisterlichkeit" zu nennen und so zu einer politischen Kategorie zu machen, ist ein spannender und interessanter Gedanke, der die Chance bietet, persönliche Werte in ein politisches Konzept zu übersetzen. Ich bin allerdings der Ansicht, dass Geschwisterlichkeit nicht nur Liebe, Eintracht und Gemeinsamkeit bedeutet. Unter Geschwistern herrscht ja nicht nur Harmonie, sondern ein harter Kampf um die Sache - beispielsweise um die Zuneigung und Anerkennung der Eltern oder beim Mittagstisch um das größere Stück Fleisch. Auch die Konkurrenz - wer hat die besseren Noten, wer ist erfolgreicher - ist unter Geschwistern ganz normal. Was Geschwister von anderen Beziehungen unterscheidet, ist ein Gemeinschaftsgefühl, ein Zusammenhalt, der auch über Meinungsverschiedenheiten hinweg bestehen bleibt. Es sind die gemeinsamen Erlebnisse, das gemeinsame Zuhause, die dieses Gefühl entstehen lassen. Wenn ich dieses, mein Verständnis von Geschwisterlichkeit auf die Politik übertrage, so bedeutet dies: fairer Umgang miteinander; Einverständnis darüber, dass jeder das gleiche Recht hat, für seine politischen Ziele zu kämpfen; Respekt für die Unterschiede. Aber eben auch Meinungsverschiedenheiten austragen, um den besseren Weg streiten, um die Zustimmung anderer Menschen werben. Ich möchte dazu ein konkretes Beispiel von Frau Crepaz aufgreifen: Auch in Deutschland gab es Befürworter und Gegner des Irakkrieges 1991. Ich habe mich aus politischen Abwägungen gegen den Krieg gewendet. Andere dafür. Auch wenn ich diese Anderen als Geschwister im politischen Geiste sehe, bedeutet dies keinesfalls, dass ich nicht mit allen fairen Mitteln für meine Position eintrete. Es gibt Meinungsunterschiede, und Geschwisterlichkeit als politische Kategorie darf nicht zu einer belanglosen allumfassenden Liebe werden. Denn in einer so verstandenen Geschwisterlichkeit fehlt gerade die Leidenschaft, sich für die Menschen - und auch für seine Mit- und Umwelt - einzusetzen, die gute Politik auszeichnet. Ich bin außerdem davon überzeugt, dass Geschwisterlichkeit als politische Kategorie nicht nur den Umgang miteinander im Rahmen politischer Handlungen beeinflussen sollte, sondern dass eine politische Kategorie der Geschwisterlichkeit auch ganz konkrete inhaltliche Bedeutung in allen Politikfeldern haben muss, z. B. in der Bildungs-, Umwelt- und Eine-Welt-Politik.
Ich möchte das einmal so zusammenfassen: |
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